Peter S., Teil 20: Wie sieht es mit meinem Gesundheitszustand aus?
Mein Name ist Peter. Ich möchte berichten, wie es mir ergangen ist, nachdem bei mir 2018 Prostatakrebs diagnostiziert wurde.
Im Grunde genommen hatte ich riesiges Glück, dass ich noch am Leben bin. Der Prostatakrebs wurde bei mir nämlich nur durch Zufall festgestellt. Diese Krebsart ist so gefährlich, weil sie lange Zeit ohne Symptome verläuft. Wenn sich Symptome zeigen, ist es für eine Therapie häufig schon zu spät, weil sich bereits Metastasen gebildet haben. Bei mir wurde der Krebs im Rahmen der Untersuchung wegen einer Blasenentzündung gefunden.
Daraufhin musste ich im Dezember ins Krankenhaus, damit die Prostata operativ entfernt werden konnte. Damals wusste ich noch nicht, dass sich dadurch mein ganzes Leben verändern würde. Seit der Operation, bis heute, leide ich an Harninkontinenz.
Im Informationsmaterial, das den Patienten mitgegeben wird, steht, dass nach einem Jahr 90 Prozent der Patienten wieder „dicht halten“ können. Entweder gehöre ich zu den 10 Prozent, auf die das nicht zutrifft oder die Aussage wird nur getroffen, um den Patienten Mut zu machen. Davon abgesehen bin ich ein besonders schwerer Fall. Ungefähr 6 Monate nach der Operation musste ich eine Strahlentherapie über mich ergehen lassen, weil nicht das gesamte Krebsgewebe operativ entfernt werden konnte. Das hat meine Genesung zurückgeworfen, weil eine Bestrahlung den Körper ebenso belastet wie eine Operation.
Mein Gesundheitszustand verbessert sich, aber nur langsam. Unmittelbar nach der Entlassung aus dem Krankenhaus lief meine Blase aus wie ein Sieb. Ich benötigte pro Tag ungefähr 7 – 8 saugstarke Inkontinenzpants. Am Anfang habe ich sie mir immer noch selbst gekauft. Erst ein Mitpatient bei der Reha machte mich darauf aufmerksam, dass die Krankenkasse die Kosten dafür übernimmt. Bei der Verbesserung meines Gesundheitszustands haben mir verschiedene Maßnahmen geholfen. So hat mir zum Beispiel die Beckenbodengymnastik gut getan, obwohl manche Übungen ziemlich anstrengend waren. Durch die Reha-Klinik konnte ich ein Gerät zur Elektrostimulation des Schließmuskels bestellen. Wie vorgeschrieben benutzte ich es jeden Tag. Einen wesentlichen Beitrag zu meiner Heilung leistete auch mein Gewichtsverlust. Seit dem Tag meiner Operation bis heute habe ich 20 kg verloren und fühle mich wesentlich wohler als früher.
Trotzdem muss ich sagen, dass es mir zwar besser geht, die Genesung aber wesentlich länger dauerte als ich es für möglich gehalten hatte. Von anfänglich 7 – 8 Inkontinenzpants ging mein Verbrauch runter auf 3 – 4 Stück pro Tag (24 Stunden). Vor ungefähr einem Jahr wechselte ich zu Vorlagen über. Die sind besser, weil sie mehr Luft an den Intimbereich lassen. Inkontinenzpants sitzen zwar bequem und können nicht verrutschen, lassen unten herum aber auch keine Luft an die Haut. Das feuchtwarme Mikroklima in den Pants bildet ideale Bedingungen für das Wachstum von Hautpilzen. Aus diesem Grund war ich froh, dass ich vor ungefähr 6 Monaten zu Einlagen wechseln konnte.
Das war ein herrliches Gefühl, zum ersten Mal nach einer gefühlten Ewigkeit wieder normale Unterwäsche anziehen zu können. Ich hasse die Inkontinenzpants und Vorlagen. Sie sehen aus wie Windeln. Welcher Mann läuft schon gern in Windeln herum? Von den Vorlagen benötige ich zurzeit 2 – 3 Stück am Tag.
Aktuell sind seit meiner Operation 2 Jahre vergangen und ich habe noch immer keine Kontrolle über meine Blase. In der Nacht muss ich mindestens drei- bis viermal auf die Toilette gehen. Zum Glück habe ich aber bis jetzt noch nie ins Bett genässt. Ich werden immer rechtzeitig vom Druck auf die Blase wach. Öfters schon habe ich es gerade noch in letzter Sekunde zur Toilette geschafft. Eine Einlage reicht mir für die ganze Nacht. Tagsüber geht es einigermaßen. Wenn ich dasitze und schreibe, habe ich keine Probleme. Anders dagegen beim Einkaufen. Wenn ich schwere Sachen trage, passiert es mir, dass der Urin wie Wasser läuft. Zum Glück sind die Einlagen saugfähig, so dass Außenstehende nichts von dem Malheur mitbekommen. Manchmal habe ich aber auch Pech. Mir ist es schon ein paar Mal passiert, dass ich mit Hosen, die im Schritt nass waren, durch die Stadt laufen musste. So etwas kommt vor, wenn die Einlage beim Gehen verrutscht oder wenn sie voll ist. Erst gestern ist mir so etwas wieder passiert. Zur Tarnung halte ich mir dann immer einen Einkaufsbeutel davor.
Wie geht es weiter?
Die Nachuntersuchungen beim Urologen sind gut verlaufen. Der Prostatakrebs ist besiegt. Bei jedem Bluttest lag der PSA Wert unterhalb der Nachweisgrenze. Wenn ich kurz vor Weihnachten wieder zum Onkel Doktor muss, hat der ein kleines Weihnachtsgeschenk für mich bereit: eine Blasenspiegelung. Er will sich ansehen, wie sich mein Schließmuskel seit der OP und der Bestrahlung entwickelt hat. Der Eingriff wird zwar ambulant durchgeführt, ist aber bestimmt alles andere als angenehm. Vielleicht besteht ja noch die Hoffnung, dass ich eines Tages wieder ganz „dicht“ werde. Wünschenswert wäre es, denn ein Leben mit Harninkontinenz ist nicht gerade angenehm. Ich bin aber optimistisch, dass der Tag kommen wird, an dem ich keine Einlagen mehr brauchen werde.