Mit Inkontinenz im Job arbeiten
In keinem Lebensbereich zeigen sich Einschränkungen durch Inkontinenz so deutlich wie im Berufsleben. Doch in den meisten Fällen ist es nicht notwendig den Beruf aufzugeben. Der Arbeitsplatz lässt sich oft so gestalten, dass man der Tätigkeit wieder fast uneingeschränkt nachkommen kann. Im folgenden Ratgeber finden Betroffene nützliche Tipps und Hinweise.
Mit Harninkontinenz offen und ehrlich umgehen
Harninkontinenz betrifft einen der intimsten Bereiche des menschlichen Lebens. Viele haben sich seit dem Kleinkindalter mit dem Thema nicht mehr auseinandergesetzt. Den Urin nicht mehr halten zu können ist für die meisten Männer sehr peinlich. Sie wollen darüber nicht reden und verheimlichen es vor dem Arbeitgeber, den Kollegen, oft sogar vor der Familie. Selbst der notwendige Gang zum Arzt wird immer wieder hinausgeschoben.
Um der gewohnten Arbeit nachgehen zu können, ist es notwendig, mit dem Arbeitgeber darüber zu sprechen. Er genehmigt die notwendigen Maßnahmen, die dem Mitarbeiter das Arbeitsleben erleichtern. Ebenso ist ein Gespräch mit Kollegen notwendig. Harninkontinenz wird früher oder später auffallen. Die Mitarbeiter fangen an zu tuscheln und grenzen ihn aus. Wer das Problem von sich aus anspricht, hat es selbst in der Hand, wie mit dem Problem umgegangen wird.
Den Arbeitsplatz wechseln
Es gibt Arbeiten, die mit Harninkontinenz nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten ausgeführt werden können. Betroffene, die unter Belastung ungewollt viel Harn verlieren, können in der Regel keine schweren Gegenstände mehr tragen.
Wer auf dem Bau einer Tätigkeit als Dachdecker, Fliesenleger oder Maurer nachgeht, ist einer ganz besonderen Belastung ausgesetzt. Zwar kann er eine Windel tragen, doch eine optimale Lösung ist das nicht. Es ist nicht unbedingt notwendig, den Arbeitgeber zu wechseln. In vielen Fällen ist es möglich, ihm eine leichtere Arbeit in einer anderen Abteilung zuzuweisen. Er verliert weniger oder gar keinen Urin mehr und kann seiner Arbeit in gewohntem Umfang weiter nachgehen.
Falls ein Wechsel der Arbeitsaufgabe nicht möglich ist, löst unter Umständen eine Umschulung das Problem. Diese muss er sich zunächst genehmigen lassen. Auf gar keinen Fall darf der Betroffene unüberlegt das Arbeitsverhältnis kündigen, um dem peinlichen Thema Inkontinenz aus dem Wege zu gehen. Zunächst muss er eine neue Arbeitsstelle gefunden haben und alles mit dem aktuellen Arbeitgeber, bzw. der Agentur für Arbeit besprochen haben. Man sollte ausführlich abklären, wer die Umschulung bezahlt.
Den Arbeitsplatz inkontinenz- feundlich umgestalten
Es bedarf manchmal nur kleiner Veränderungen am Arbeitsplatz und das Leben mit Harninkontinenz ist deutlich einfacher. Hilfreich ist ein Arbeitsplatz in der Nähe der Toilette. Wenn der Drang zu groß wird, ist die Toilette innerhalb kurzer Zeit erreicht. Viele Betriebe haben eine Behindertentoilette. Diese können auch Patienten mit Harninkontinenz nutzen, wenn der Chef zustimmt. Ein kurzes Gespräch bringt Klarheit.
[bs-quote quote=“Bei Inkontinenz haben Betroffene Anspruch auf eine Vielzahl von Erleichterungen im Berufsalltag.” style=“style-15” align=“left”]
Der Bürostuhl kann mit einer Auflage geschützt werden. Wenn häufiger Urin auf dem Bürostuhl gelangt, riecht dieser bald sehr unangenehm. Mit einem geeigneten Schutz lässt sich das leicht verhindern.
Inkontinenz-Vorlagen und Windeln sollten immer griffbereit sein. Diese Inkontinenzhilfsmittel kann der Betroffene einfach im Büroschrank deponieren. Vielleicht ist der Chef damit einverstanden, wenn er sie in einer speziellen Box auf der Toilette deponiert. Das ist praktikabler. Da sich die Hilfsmittel dort befinden, wo sie gebraucht werden. Darüber hinaus ist es sinnvoll, immer Ersatzunterwäsche und ein Desinfektionsspray dabei zu haben.
Ein weiteres Problem ist der anfallende Müll durch die gebrauchten Windeln. Der Firmeninhaber kann einen speziellen Hygiene-Mülleimer bereitstellen. In diesen können die gebrauchten Inkontinenz-Hilfsmittel geruchsneutral entsorgt werden.
Urinalkondome können in vielen Berufen hilfreich sein. Das Teil wird über den Penis gestülpt und fängt den Urin auf und leitet ihn zu einem Beinbeutel weiter. Dieser trägt man unsichtbar am Ober- oder Unterschenkel..
Unterstützung suchen und Fördermittel beantragen
Der richtige Umgang mit Harninkontinenz überfordert häufig Betroffene und Arbeitgeber. Um sofort die notwendigen Maßnahmen in die Wege zu leiten, ist es ratsam, sich frühzeitig Unterstützung zu suchen.
Der erste Ansprechpartner sollte dabei der Hausarzt oder der Urologe sein. Diese verschreiben Hilfsmittel wie die oben erwähnten Urinalkondome. Bei manchen Formen der Harninkontinenz helfen Medikamente.
Hilfreich ist ein Besuch beim Betriebsrat. Das Sozialamt und der Reha-Berater wissen gut über Fördermittel Bescheid. Liegt eine starke Beeinträchtigung vor, stellt die zuständige Versorgungsverwaltung eine Behinderung fest. Beträgt diese 50 Prozent ist die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises möglich. Mit diesem sind weitere Rechte verbunden, unter anderem ein besserer Kündigungsschutz.
Für notwendige Umbauarbeiten, Hilfsmittel oder einer notwendigen Umschulung kann bei den Reha-Trägern eine Unterstützung beantragt werden. Bei den zuständigen Ämtern gibt es auch die Formulare. Einen Antrag können der Chef und der Arbeitnehmer auch formlos stellen. Wird dieser abgelehnt, lohnt sich fast immer ein Widerspruch. Manchmal machen es sich die Fachbearbeiter zu einfach und lehnen berechtigte Ansprüche ab.
Fazit – Inkontinenz ist nicht das Ende des Berufslebens
Wenn die Harninkontinenz das berufliche Leben beeinflusst, muss der Betroffene möglichst schnell geeignete Maßnahmen ergreifen. Falls im Kollegenkreis nicht klar ist, dass man unter einer schwere Krankheit leidet, sind oft Spott und Ausgrenzung die Folge. Bevor es soweit kommt, geht der Arbeitnehmer besser in die Offensive. Ein Gespräch mit dem Chef und den Mitarbeitern klärt die Lage. In vielen Fällen kann durch einfache Maßnahmen eine deutliche Erleichterung erreicht werden.
Der Gang zum Arzt ist der erste Schritt um eine Behinderung feststellen zu lassen. Ab einer Behinderung von 50 Prozent bekommt der Patient einen Schwerbehindertenausweis. Dies hat weitere Erleichterungen, wie ein verbesserter Kündigungsschutz zur Folge.
Auf gar keinen Fall sollte der Arbeitnehmer den Kopf in den Sand stecken und nichts unternehmen. In diesem Fall entgleitet ihm die Kontrolle. Im schlimmsten Fall drohen Mobbing und der Verlust des Arbeitsplatzes.