Peter S., Teil 28: Fliegen trotz Inkontinenz: Meine persönlichen Tipps & Tricks
Wie bewältigt man mit Harninkontinenz lange Flugreisen?
Seitdem internationale Flugreisen wieder möglich sind, müssen Patienten mit Harninkontinenz überlegen, wie sie den Flug am besten überstehen.
Ich wurde erst vor kurzem mit diesem Problem konfrontiert, als ich meine (bereits zweimal verschobene) Flugreise nach Ecuador an der Pazifikküste Südamerikas antrat. Immerhin dauerte die Reise von Deutschland bis zur Küstenstadt Guayaquil auf dem Hinflug insgesamt etwa 18 Stunden und auf dem Rückweg sogar fast 24 (Dank eines langen Zwischenstopps in Amsterdam). Die reine Flugzeit zwischen Amsterdam und Guayaquil beträgt 11 Stunden.
Alles in allem habe ich diese anstrengende Trips in beide Richtungen gut überstanden. Das habe ich, neben etwas Glück, vor allem den sorgfältigen Vorbereitungen zu verdanken. In diesem Bericht möchte ich euch meine Erfahrungen mitteilen.
Die Flugbuchung – den optimalen Sitzplatz wählen!
Bereits bei der Buchung des Flugs machte ich mir Gedanken wegen meiner Harninkontinenz. Ich leide an einer Mischinkontinenz. Das bedeutet, wenn ich unter Stress stehe, muss ich häufiger zur Toilette als normal. Das kann dazu führen, dass ich meine Blase alle 5 Minuten leeren muss.
Für den langen Streckenabschnitt von Amsterdam nach Guayaquil und zurück buchte ich deshalb einen Sitz im Gang in der Nähe einer Toilette. Damit schlug ich gleich 2 Fliegen mit einer Klappe. Wenn ich aufstehen musste, störte ich die anderen Passagiere in meiner Sitzreihe nicht und ich hatte es nicht weit.
Ein Extra-Bonus ist der Fakt, dass man auf einem Sitz am Gang die Beine etwas mehr ausstrecken kann als in der Mitte oder am Fenster. Zwar musste ich für die Reservierung je 25 € mehr bezahlen, das war es mir aber wert.
Bequeme Kleidung mit Muster zum Fliegen anziehen
Für den Flug wählte ich meine Kleidung mit gezielter Überlegung aus. Schon lange vor Antritt des Flugs begann ich gezielt nach geeigneten Kleidungsstücken zu suchen. Ganz allgemein heißt es ja, die optimale Kleidung für Flugreisen sollte bequem und strapazierfähig sein und nicht einengen.
Ich entschied mich für eine lange Cargohose und ein Hemd mit Brusttaschen. Die Cargohose hat neben den üblichen Hosentaschen und Gesäßtaschen noch 2 zusätzliche Beintaschen. Dadurch hatte ich genug Platz, um die vielen Kleinigkeiten unterzubringen, die man auf Flugreisen so braucht: Pass, Impfzertifikat, Bordkarte und, und… Die Hose hatte ein Tarnmuster (Camouflage).
Da ich bereits Bermudashorts mit demselben Muster besitze, wusste ich, dass man auf nasse Flecken auf dem Stoff durch das Muster kaum bemerkt. Falls alle Maßnahmen versagten, würde ich wenigstens keine Aufmerksamkeit erregen.
Das Hemd trug ich darüber. Da es relativ lang war, verdeckte es meinen Schritt, was eine gute zusätzliche Tarnung bewirkte.
Genügend Inkontinenzhilfsmittel ins Flugzeug mitnehmen
Zum Glück benutze ich bereits seit einiger Zeit Einlagen. Die können zwar auch mal verrutschen, haben aber im Vergleich zu Inkontinenzpants den großen Vorteil, dass man sie wechseln kann, ohne Hose und Unterhose ausziehen zu müssen.
Patienten, die noch immer Inkontinenzpants benutzen, sollten sich für die Reise Inkontinenzslips kaufen, weil man die ebenfalls wechseln kann, ohne sich ausziehen zu müssen. In Flugzeugtoiletten ist in der Regel nur wenig Platz.
Ich nahm 3 oder 4 Einlagen aus der Packung, steckte sie in einen kleinen Plastikbeutel und verstaute sie in meiner Gesäßtasche. So hatte ich sie immer zur Hand, wenn ich wechseln musste und musste nicht das Handgepäck nach frischen Einlagen durchwühlen. Für die Entsorgung steckte ich mir 1 oder 2 der dünnen Plastikbeutel ein, die es im Supermarkt beispielsweise für Obst und Gemüse gibt.
Ausreichend, aber richtig trinken
Viele Patienten, die an Inkontinenz leiden, machen den Fehler, vor oder während langer Reisen wenig zu trinken, um die Urinmenge zu reduzieren. Das ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Zum einen klappt es sowieso nicht.
Zwar nimmt die Urinmenge ab, der Harndrang meldet sich aber ebenso häufig wie bei normaler Trinkmenge. Durch den Mangel an Flüssigkeiten wird der Harn konzentriert. Das ist an der dunklen Farbe erkennbar. Er enthält viele Schadstoffe und belastet die Nieren. Außerdem kann es zu Reizungen der Blase und Harnröhre kommen, mit all den unangenehmen Symptomen wie Jucken, Brennen und häufiger Harndrang.
Richtiges Trinken bei Inkontinenz ist das A und O! Ich entschied ich mich, meine übliche Trinkmenge einzuhalten, aber darauf zu achten, was ich trinke. Vor Antritt und während der Reise verzichtete ich auf alle Getränke, die fördernd auf die Harnbildung wirken:
- Kaffee
- Tee
- Bier
- Wein
Stattdessen trank ich stilles Wasser und Saft (besonders Tomatensaft). Auf Softdrinks mit Kohlensäure verzichtete ich ebenfalls, weil sie durch den Gasgehalt Blähungen begünstigen und durch den hohen Anteil an Zucker den Durst nicht löschen.
Weil die Luft in der Flugzeugkabine sehr trocken ist, nahm ich das Angebot der Stewardess dankbar an und ließ mir eine Flasche stilles Mineralwasser bringen, von dem ich zwischendurch immer mal wieder trank.
Sobald such die Gelegenheit bietet, zur Toilette gehen
So oft es möglich war, benutzte ich die Toiletten auf den Flughäfen. Sie sind gut ausgeschildert, geräumig, gut ausgestattet und werden regelmäßig gereinigt. Nach der Sicherheitskontrolle, nach der Zwischenlandung und Landung suchte ich öffentliche Toiletten auf.
Weder in Deutschland, noch in den Niederlanden oder in Ecuador gab es damit Probleme. An Bord der Flugzeuge für Langstrecken gibt es spezielle Toiletten für Behinderte, die größer als die normalen Toiletten sind.
Wann immer es möglich war, benutzte ich diese Toilette, selbst wenn ich etwas warten musste. Auf dem Hinflug war sie in meiner unmittelbaren Nähe, auf dem Rückflug musste ich etwas laufen. Das war jedoch eher ein Vorteil als ein Nachteil, weil es mir Gelegenheit gab, die Beine wenigstens etwas zu vertreten.
Fazit: Fliegen ist trotz Inkontinenz möglich
Insgesamt gesehen zahlte sich meine sorgfältige Vorbereitung aus. In beide Richtungen überstand ich den Flug ohne Zwischenfälle und kam mit trockener Hose an. Die Reise verlief besser als ich erwartet hatte. Keiner meiner Mitreisenden bekam etwas von meiner Inkontinenz mit.
Sie sollten bei der Sitzplatzbuchung darauf hinweisen, dass Sie aus gesundheitlichen Gründen einen Gangplatz benötigen. Eine Hose mit Muster beruhigt die Nerven und eine ausreichende Anzahl Ihrer Inkontinenzhilfsmittel gehören ins Handgepäck. Auch das ausreichende Trinken ist wichtig, die Flugreise ohne peinliche Pannen zu überstehen.