Peter S., Teil 21: Wie sich mein Leben nach der Prostataoperation verändert hat
Zusammenfassung meines Leidensweges nach meiner Prostatektomie
Aufgrund zahlreicher E‑Mails habe ich meinen kompletten Leidensweg nach knapp 2 Jahren zusammengefasst.
Als bei mir 2018 Prostatakrebs festgestellt wurde, ahnte ich noch nicht, wie sehr sich dadurch mein Leben verändern würde.
Wie alles begann
Nach einer Serie von Tests und Untersuchungen stand fest, dass meine Prostata operativ entfernt werden musste. Der Eingriff sollte an einem Montag kurz vor Weihnachten stattfinden.
Als ich am Freitag zuvor Feierabend machte, ahnte ich nicht, dass es der letzte Arbeitstag meines Lebens sein würde.
Ich war der festen Überzeugung, dass ich 3 oder 4 Monate krank geschrieben sein und danach wieder an meinen Arbeitsplatz zurückkehren würde.
Manchmal kommt es anders als man denkt
Diese Redewendung wurde bei mir wahr. Der Krebs war weiter fortgeschritten als ursprünglich vermutet. Dadurch musste mehr Gewebe entfernt werden, als geplant war. Natürlich verzögerte sich dadurch die Heilung.
Trotzdem konnte nicht das gesamte betroffene Gewebe entfernt werden. Nachdem ich eine Reha absolvierte, musste ich im Sommer 2019 bestrahlt werden, um die Behandlung abschließen zu können. Seit der Operation leide ich an Harninkontinenz.
Sie ist zwar schwächer geworden, aber immer noch vorhanden. Wegen meines Leidens bin ich 80 Prozent schwerbehindert.
Was mit meinem Arbeitsplatz geschah
Den bin ich als Folge der Operation losgeworden. So lange ich noch krank geschrieben war, verhielt sich mein Arbeitgeber ruhig. Bekanntlich zahlt jedoch die Krankenkasse nur für ca. anderthalb Jahre lang Krankengeld.
Noch vor dem Auslaufen der Zahlungen wurde ich bei meinem Arbeitgeber zu einem Gespräch eingeladen. Dort eröffnete mir die Geschäftsführung, dass sie keine Möglichkeiten zu meiner weiteren Beschäftigung sahen.
Deshalb sprachen sie mir zum 1. August 2020 die Kündigung aus. Eigentlich hatte ich vor, danach in Rente zu gehen. Weil ich jedoch aufgrund eines längeren Aufenthalts im Ausland nicht genügend Beitragszeiten angesammelt hatte, war das nicht möglich.
Mein frühester Termin für den Renteneintritt ist im Juli 2021. In der Zwischenzeit bin ich offiziell arbeitslos gemeldet.
Was sich im Privatleben geändert hat
Offiziell bin ich zwar noch verheiratet, lebe aber von meiner Frau getrennt. Unsere Beziehung war schon vor meiner Operation zerrüttet und wir lebten nur noch nominell zusammen.
Als ich Anfang 2019 von der Reha nach Hause zurückkehrte, kam es zum offenen Bruch. Wir stritten uns so heftig, dass die Polizei eingreifen musste. Meine Frau wurde der Wohnung verwiesen.
Nachdem sie einige Zeit bei ihrer Schwester gelebt hatte, suchte sie sich ihre eigene Wohnung in einer Nachbarstadt. In der Zwischenzeit haben sich die Wogen geglättet und wir stehen in losem Kontakt.
Wie es mir geht
Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden. Ehrlich gesagt, bin ich selbst überrascht, dass ich die Veränderungen in meinem Leben so gut verkraftet habe. Abgesehen von der Harninkontinenz fühle ich mich jetzt sogar besser als früher.
Das kommt zum einen daher, dass ich meine Freiheit genieße. Seit meinem 19. Lebensjahr war ich verheiratet und nur daran gewöhnt, auf meine Frau Rücksicht zu nehmen.
Endlich kann ich tun und lassen, was ich will. Dazu muss ich erwähnen, dass ich ein guter Hausmann bin und kochen, waschen und putzen kann. Am Anfang war das Singledasein noch schwer. Jetzt empfinde ich es als gut. Zwar habe ich kaum noch Kontakt zu meiner Frau und den früheren Arbeitskollegen, dafür hat sich das Verhältnis zu den Nachbarn sehr verbessert.
Die zweite Quelle meiner Kraft ist meine schriftstellerische Tätigkeit. Neben den Kolumnen hier verfasse ich eine breite Varietät von Texten, darunter Produktbeschreibungen und Ratgeber.
Die Arbeit bringt mir nicht nur einen kleinen Nebenverdienst, sondern nützt mir in mehrfacher Hinsicht. Sie bringt Struktur in meinen Tag. Ich muss mich zu bestimmten Zeiten hinsetzen und den Auftrag erledigen, um den Abgabetermin einzuhalten.
Dazu kommt noch, dass für viele Themen ausgedehnte Recherchen erforderlich sind. Das beschäftigt meinen Verstand und verhindert, dass ich mich in sinnlosen Grübeleien verliere.
Mache das Beste aus der Situation!
Das ist die wichtigste Lehre, die ich aus meinem Umständen gezogen habe. Jeder Mensch durchläuft in seinem Leben Höhen und Tiefen.
Es kommt darauf an, sich durch schlimme Ereignisse nicht unterkriegen zu lassen. Im Vergleich zu früher hat sich mein jetziges Leben sogar sehr verbessert.
Ich habe weniger Stress und muss mich nicht mehr mit arroganten Chefs oder mürrischen Kollegen herum ärgern. Ich stehe täglich zur selben Zeit auf, habe einen klar strukturierten Tag und gehe zur selben Zeit wieder schlafen.
Weder trinke ich Alkohol, noch rauche ich. Auch Medikamente nehme ich keine. Während der Reha hatte ich an einer Ernährungsberatung teilgenommen. Da ich die Vorschläge konsequent umgesetzt habe, wiege ich jetzt 20 kg weniger als vor der OP.
Wie geht es weiter?
Für die Zukunft habe ich große Pläne. Wenn ich in Rente bin, habe ich vor, Deutschland zu verlassen und nach Ecuador auszuwandern. Ich mag Länder mit warmen Klima und freundlichen, kontaktfreudigen Menschen.
Da meine Rente nur klein ausfallen wird, spielt auch der Fakt eine Rolle, dass die Lebenshaltungskosten in Ecuador viel niedriger als in Deutschland sind.
Ehe ich die Übersiedlung in Angriff nehme, möchte ich aber erst einmal dorthin auf Urlaub fliegen und mich umsehen. In der Zwischenzeit verbringe ich meine Freizeit sinnvoll und lerne Spanisch.