Schweregrade der Harninkontinenz
Inkontinenzstärken – Einstufung in 3 Schweregrade
Als Harninkontinenz bezeichnet die Medizin das Unvermögen des Betroffenen, die Entleerung der Blase zu kontrollieren. Wie viele Menschen inkontinent sind, ist nicht sicher, da viele ihre Blasenschwäche verbergen. Die Zahlen schwanken zwischen 5 – 9 Millionen allein in Deutschland und sind vergleichbar den Erkrankungen von Diabetes Typ II. Zwar nimmt Harn-Inkontinenz im Alter zu, aber auch junge Patienten, ja sogar Kinder leiden daran.
Wie kommt es zu Harninkontinenz?
Die Kondition tritt nicht als eigenständige Erkrankung auf, sondern ist oft Begleiterscheinung anderer Probleme oder Erkrankungen. Sie zeigt sich beispielsweise relativ häufig nach Schlaganfällen oder als Begleiterscheinung bei Multipler Sklerose.
Auch nach Operationen an der Prostata oder der Blase stellt sich oft eine Harn-Inkontinenz ein. Bei Frauen kann sie in Verbindung mit einer Schwangerschaft eintreten. Selbst wenn nur ein Tropfen Urin unfreiwillig ausgeschieden wird, spricht die Medizin bereits von einer Harn-Inkontinenz.
Welche Stärken der Inkontinenz gibt es?
Nach Stamey unterscheidet man 3 Inkontinenzstärken:
- Grad 1: Inkontinenz bei Husten, Niesen oder Lachen.
- Grad 2: Inkontinenz bei plötzlichen Körperbewegungen wie Aufstehen, Setzen, Treppensteigen oder Heben von Lasten.
- Grad 3: Inkontinenz auch bei leichten Bewegungen oder im Liegen. Während des Schlafs kommt es zur vollständigen Entleerung der Blase.
Zumindest für ambulante Patienten gibt es exakte Zahlen über die Häufigkeit der verschiedenen Stärken der Inkontinenz. Danach leiden 52 Prozent aller Betroffenen an einer Inkontinenz Grad 1. Der Grad 2 ist mit 19,2 Prozent vertreten und der Grad 3 mit 28,6 Prozent.
Diese Stärken der Inkontinenz nach Stamey sind in der Praxis jedoch für die meisten Betroffenen nicht richtig begreifbar. Eine viel bessere Vorstellung vermitteln Inkontinenzstärken, bei denen die Menge des ausgeschiedenen Urins (Miktion) innerhalb eines festgelegten Zeitraums gemessen wird. Diese Werte sind viel praxisbezogen. Die angegebenen Werte der Miktion beziehen sich immer auf einen Zeitraum von 4 Stunden.
Es wird zwischen 4 Stärken der Inkontinenz unterschieden:
- Tröpfchen-Inkontinenz – Urinverlust weniger als 50 ml
- Leichte Inkontinenz – Urinverlust maximal 50 – 100 ml
- Mittlere Inkontinenz – Urinverlust maximal 100 – 200 ml
- Schwere Inkontinenz – Urinverlust mehr als 200 ml
Je nach den Inkontinenzstärken unterscheidet sich auch der Bedarf an aufsaugenden Inkontinenzprodukten. Bei der ambulanten Versorgung ergab die Rückmeldungen durch Pflegedienste folgenden Bedarf nach Stamey:
- Grad 1 – mittlere Inkontinenz: 2,6 Vorlagen pro Tag
- Grad 2 – schwere Inkontinenz: 4,2 Vorlagen pro Tag
- Grad 3 – schwerste Inkontinenz: 6,2 Vorlagen pro Tag
Über alle Inkontinenzstärken ergibt sich ein durchschnittlicher Bedarf von 4,1 aufsaugenden Inkontinenz-Hilfsmittel pro Tag.
Wie ermitteln Sie die Stärke Ihrer Inkontinenz?
Dafür müssen Sie Ihre Miktion messen und ein sogenanntes Miktionsprotokoll führen. Das erhalten Sie entweder von Ihrem behandelnden Arzt oder Sie können es sich Online als PDF Datei auf Ihrem Computer speichern und ausdrucken. Das Miktionsprotokoll wird über einen Zeitraum von 24 Stunden geführt.
Es besteht aus einer Liste mit mehreren Spalten. In die erste Spalte schreiben Sie Ihre Trinkmenge zusammen mit der Uhrzeit. Zur Trinkmenge zählen nicht nur Flüssigkeiten, die Sie trinken, sondern auch Suppen, Saucen, Joghurt und Eiscreme.
Die 2. Spalte ist der Miktion vorbehalten. Dort tragen Sie ein, wann Sie wie viel uriniert haben. Dazu müssen Sie das “kleine Geschäft” in einen Messbecher verrichten. In der letzten Spalte tragen Sie die Anzahl der verwendeten Inkontinenz-Hilfsmittel ein und wann Sie diese gewechselt haben. Die gebrauchten Vorlagen heben Sie vorläufig in einem Folienbeutel auf.
Am Ende des Tests wiegen Sie zunächst eine unbenutzte Vorlage. Danach legen Sie die benutzten Vorlagen auf die Waage. Wenn Sie das Gewicht der trockenen Vorlagen abziehen, können Sie ausrechnen, wie viel Urin Sie innerhalb von 24 Stunden verloren haben.
Idealerweise sollten Sie den Test zweimal durchführen, einmal wenn Sie daheim sind und nicht sehr aktiv sind und das zweite Mal während eines Tags mit normaler Aktivität. So können Sie feststellen, ob es einen Unterschied in der Miktion gibt.
Es ist gut, wenn Sie den Grad Ihrer Inkontinenz kennen, weil es Ihnen hilft, Pflegeprodukte mit den richtigen Inkontinenzstärken auszuwählen. Leider gibt es vonseiten der Hersteller noch keine einheitliche Kennzeichnung der Inkontinenzprodukte.