Stuhlinkontinenz: Ursachen und Therapie
Es gibt Krankheiten und Symptome, die nicht nur körperlich sondern auch psychisch unheimlich belastend sind. Wenn die Fähigkeit, die Stuhlausscheidung zu kontrollieren gestört ist, ist das für die betroffenen Personen sehr peinlich. Die gute Nachricht lautet: In den meisten Fällen kann der Arzt helfen!
Viele Ursachen mit zahlreichen Therapiemöglichkeiten
Während bereits die Harninkontinenz für Betroffene ein sehr unangenehmes und den Alltag einschneidendes Thema ist, stellt die Stuhlinkontinenz ein Krankheitsbild dar, das die Lebensqualität noch sehr viel stärker einschränkt.
Es sind etwa 1 bis 3 Prozent der deutschen Bevölkerung von einer Stuhlinkontinenz betroffen. Sie tritt hier in verschiedenen Graden in allen Altersklassen auf und kann auf eine Vielzahl unterschiedlicher Ursachen zurückgeführt werden.
In diesem Ratgeber gehen wir auf die Gründe des Krankheitsbildes ein und zeigen auf, welche Möglichkeiten zur erfolgreichen Behandlung es gibt.
Einteilung in 3 Inkontinenz – Schweregrade
Unter einer Stuhlinkontinenz versteht man die Unfähigkeit, den Abgang von Stuhl bewusst steuern zu können, wobei die Kontrolle über den Schließmuskel nicht mehr ausgeübt werden kann.
Sie wird in drei Schweregrade eingeteilt: den leichten, mittleren und schweren Grad.
Dabei treten bei dem leichten Grad lediglich Gase unkontrolliert aus, wohingegen bei der mittleren Form bereits dünnflüssiger Stuhl nicht mehr gehalten werden kann. Beim schweren Grad lässt sich schließlich sogar der Abgang von festem, geformten Stuhl nicht mehr kontrollieren. Dabei ist der jeweilige Schweregrad oftmals auch von der Form der Stuhlinkontinenz abhängig.
Formen und Ursachen der Stuhlinkontinenz
Die Ursachen einer Stuhlinkontinenz sehr vielseitig. Zu den Ursachen gehören neurologische, sensorische, muskuläre sowie psychische Störungen oder ein allgemeines Nachlassen der Gewebeelastizität. So ist die Form der nachlassenden Geweebelastizität vor allem eine Begleiterscheinung des Alterungsprozesses, mit dem sich die Muskulatur des Beckenbodens abbaut, eine Beckenbodensenkung herbeiführt und damit – ähnlich wie bei der Harninkontinenz – zu einem Kontrollverlust über den Schließmuskel führt.
Aber auch Übergewicht, ein allgemein schwaches Bindegewebe oder ein überlasteter Beckenboden bei Frauen nach mehreren Geburten können die Gewebeelastizität beeinflussen und damit eine Stuhlinkontinenz herbeiführen. Bei der neurologischen Stuhlinkontinenz liegt jedoch eine fehlerhafte Impulsverarbeitung vor, bei welcher die Informationen über den Füllstand des Darmes nicht richtig an das Gehirn weitergegeben werden. Daraufhin löst dieses eine Stuhlentleerung aus, die durch den Betroffenen nicht mehr kontrolliert werden kann.
Die neurologische Stuhlinkontinenz tritt vor allem bei Nervenerkrankungen wie Multipler Sklerose oder Alzheimer sowie bei Querschnittslähmungen – beispielsweise nach Unfällen – auf. Darüber hinaus ist die muskuläre Stuhlinkontinenz auf äußere Verletzungen im Bereich des Schließmuskelapparates zurückzuführen. Diese können durch Dammrisse bei vaginalen Geburten, aber auch Operationen wie Tumorentfernungen, Fistelspaltungen oder sogar durch von Verstopfungen ausgelöste Überdehnungen, entstehen.
Die Stuhlinkontinenz aufgrund sensorischer Störungen ist dagegen die Wahrnehmungsfähigkeit der Schleimhaut im Analkanal wesentlich beeinträchtigt, was nicht nur nach operativen Eingriffen, sondern auch durch Dickdarmentzündungen, Hämorrhoiden, einen Mastdarmvorfall sowie auch Durchfälle eintreten kann.
Schließlich ist die psychisch bedingte Stuhlonkontinenz auf Persönlichkeitsstörungen, Depressionen oder Rollenkonflikte, die nicht selten mit einem Rückfall in frühkindlkiche Verhaltensmuster verbunden sind, zurückzuführen.
Therapiemöglichkeiten bei Stuhlinkontinenz
Je nach dem, welche Grunderkrankung vorliegt, kann sie jedoch auch erfolgreich therapiert werden.
Bei der Therapie der Stuhlinkontinenz muss zunächst eine umfassene Anamnese und Diagnostik erfolgen, bei der auch mögliche andere Grunderkrankungen, die die Inkontinenz beeinflussen, betrachtet werden müssen. Dabei wird grundsätzlich versucht, der Stuhlinkontinenz zunächst mit nicht-operativen Maßnahmen entgegenzuwirken.
So erfolgt insbesondere bei altersbedingter Gewebeschwäche die Therapie mittels gezieltem Beckenbodentraining. Aber auch Medikamente wie Motilitätshemmer, die die Geschwindigkeit der Darmpassage hemmen und somit dazu führen, dass der Stuhl den Darm langsamer und länger passiert, sowie Analtampons, welche eine vorübergehende Dichtigkeit des Afters herbeiführen, können situationsbedingt Abhilfe schaffen.
Zudem stellen die Elektrostimulation sowie das Biofeedback-Training, bei dem Betroffene den Schließmuskel mit Hilfe eines kleinen Ballons im Analkanal trainieren, bewährte Therapieansätze dar. Bei schweren und vor allem chronischen Erscheinungsformen der Stuhlinkontinenz ist schließlich meist eine entsprechend der individuellen Ursache erforderliche Operation unumgänglich.
Damit können beispielsweise Risse im Schließmuskel genäht, ein Vorfall des Enddarms in einer sogenannten Prolaps-Operation entfernt oder ein künstlicher Darmausgang geschaffen werden. Hierbei wird ein Teil des Dickdarms mit der Bauchdecke zu einem Stoma verbunden, wo schließlich ein externer Beutel den Stuhl auffängt. Schließlich bietet aber auch die Sakrale Nervenstimulation, die auch bei der Harninkontinenz angewendet wird, eine gute Therapiemöglichkeit. Bei dieser wird ein Schrittmacher eingesetzt, der die Impulssteuerung wiederherstellt und somit bei neurolgischen Ursachen seine Anwendung findet.
Somit muss die Stuhlinkontinenz nicht immer zu einem tatsächlichen Einschnitt in der Lebensqualität führen, sondern kann – je nach Schweregrad und Ursache – auf vielen Wegen erfolgreich therapiert werden.