Fahrrad fahren bei Inkontinenz: Worauf muss ich achten?
Harninkontinenz ist ein Problem, das Millionen von Menschen betrifft. Sie können die negativen Auswirkungen auf Ihre Lebensqualität gezielt vermindern.
Wie viel Menschen in Deutschland an Harninkontinenz leiden, ist nicht genau bekannt. Betroffene diskutieren nicht gern in der Öffentlichkeit über das Thema, weil sie sich schämen. Daher gehen die Angaben über die Zahl der Betroffenen weit auseinander. Die Angaben schwanken zwischen 6 – 9 Millionen, allein in Deutschland.
Aus Scham ziehen sich viele der Patienten aus dem sozialen Leben zurück und schränken Kontakte ein. Sie wollen vermeiden, sich zu blamieren. Das muss jedoch nicht sein. Heute ist Harninkontinenz gut behandelbar. Zudem gibt es eine Reihe von medizinischen Produkten, die es Ihnen ermöglichen, trotz Harninkontinenz ein normales Leben zu führen. Damit sind alle normalen Aktivitäten möglich, darunter auch Radfahren.
In diesem Inkontinenzratgeber erklären wir Ihnen ob und wie Patienten mit Inkontinenz optimal Radfahren können. Wir zeigen aber auch alternative Sportarten auf
Wie wirkt sich Radfahren auf die Harninkontinenz aus?
Radfahren erfreut sich wachsender Beliebtheit. Statistischen Angaben zufolge gab es in Deutschland 2019 fast 76 Millionen Fahrräder. Inzwischen dürfte die Zahl noch weiter gestiegen sein. Onlineshops für Fahrräder melden Rekordumsätze. Die Hersteller kommen mit der Produktion kaum noch hinterher. Für einige populäre Modelle gibt es sogar Wartezeiten. Das ist auch kein Wunder.
Fahrradfahren ist nicht nur eine beliebte Freizeitaktivität, das Bike wird von immer mehr Menschen als normales Transportmittel genutzt, trainiert es doch die Muskeln, schont die Umwelt und spart auch noch Geld. Deshalb ist es verständlich, dass auch Menschen, die an Harninkontinenz leiden, weiterhin gern Radfahren möchten.
Gehören Sie auch dazu? Dann gibt es gute Nachrichten für Sie. Radfahren wird von Medizinern bei Blasenschwäche sogar ausdrücklich empfohlen!
Radfahren stärkt den Beckenboden. Die Aktivität wirkt praktisch wie spezielle Übungen zum Beckenbodentraining. Das liegt daran, dass beim Radfahren der Beckenboden automatisch angespannt wird. Der Trainingseffekt ist um so stärker, je kräftiger Sie in die Pedale treten.
Worauf sollten Sie beim Radfahren achten?
Das Training der Beckenbodenmuskulatur ist prinzipiell gut. Sie sollten aber darauf achten, es nicht zu übertreiben. Besonders wenn Sie als Folge eines Unfalls, einer Operation oder Erkrankung an plötzlicher Harninkontinenz leiden, gehen Sie die Sache langsam an. Blasenschwäche ist behandelbar. Sie benötigen jedoch Geduld. Das Problem wird definitiv nicht über Nacht verschwinden. Folgende Punkte sind besonders wichtig:
- Fangen Sie langsam mit dem Radfahren an. Am Anfang legen Sie nur kürzere Strecken zurück. Steigern Sie sich langsam, achten Sie dabei darauf, wie Sie sich fühlen.
- Benutzen Sie beim Radfahren aufsaugende Inkontinenz-Hilfsmittel. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt beraten, welche Produkte für Sie am besten geeignet sind.
- Gehen Sie noch einmal auf Toilette, bevor Sie aufs Rad steigen.
- Wählen Sie eine Route, bei der Sie zur Not unterwegs anhalten und sich erleichtern können.
- Nehmen Sie für den schlimmsten Fall Ersatzhosen und extra Einlagen mit.
Wie können Sie den Trainingseffekt unterstützen?
Das Wichtigste ist, Mut und Ausdauer zu zeigen. Eine sichtbare Verbesserung Ihrer Harninkontinenz stellt sich nicht sofort ein. Es kann zwischendurch sogar Rückschläge geben. Lassen Sie sich dadurch nicht entmutigen.
Sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt über das Problem. Den besten therapeutischen Effekt erzielen Sie, wenn Sie jeden Tag mindestens ein paar Minuten lang trainieren. Einmal pro Woche eine längere Radtour bringt dagegen nicht viel. Eventuell kann ihr behandelnder Arzt Ihnen zusätzlich Medikamente verschreiben, die Sie bei der Behandlung der Blasenschwäche unterstützen. Diese Medikamente bewirken eine Verringerung des Harndrangs. Sie müssen nicht mehr so oft urinieren.
Allerdings sollten Sie beachten, dass die Medikamente Nebenwirkungen haben. Zudem können sie nur vorübergehend eingenommen werden. Sie unterstützen die Therapie lediglich. Die wichtigste Behandlungsmethode ist das Beckenbodentraining durch Radfahren.
Vergessen Sie auch nicht, ausreichend zu trinken. Mediziner empfehlen für Erwachsene eine Flüssigkeitsmenge von ca. 2 Litern pro Tag. Der Körper benötigt so viel Flüssigkeit, um die Stoffwechselprodukte zu verarbeiten. Wenn Sie aus Angst vor dem Einnässen zu wenig trinken, riskieren Sie eine dauerhafte Schädigung der Nieren.
Welche Sportarten sind gut, welche schädlich bei Harninkontinenz?
Grundsätzlich sind alle Sportarten geeignet, bei denen der Körper gleichmäßig belastet wird. Neben Radfahren und Reiten sind das vor allem:
- Wandern
- Nordic Walking
- Yoga
- Pilates
- Gymnastik
Schädlich sind dagegen alle Sportarten, bei denen es zu plötzlichen Erschütterungen kommt. Dadurch wird der Beckenboden stark belastet. Das fördert die Harninkontinenz. Dazu gehören:
- Jogging
- Aerobic
- Fußball
- Tennis
Welche spezielle Inkontinenz-Hilfsmittel gibt es für Radfahrer?
Solche Produkte scheint es derzeit zumindest in Deutschland noch nicht zu geben. Sie können zum Radfahren die normalen Produkte benutzen. Dabei empfiehlt es sich jedoch, lieber etwas größere Einlagen oder Vorlagen mit höherer Saugstärke zu benutzen.
Zu kleine Einlagen verrutschen beim Fahren. Durch den Druck des Sattels wird zudem ihre Aufnahmekapazität verringert. Eventuell sind Inkontinenz-Pants eine bessere Lösung, zumindest wenn Sie diese speziell beim Radfahren tragen.
Was ist bei der anstehenden Radtour noch zu beachten?
Generell ist zu empfehlen, dass Sie mit einem Verkehrssicheren Fahrrad unterwegs sind. Körperliche Schäden durch Unfälle oder falscher Handhabung Ihres Rades können Sie nicht auch noch zusätzlich zu Ihren Beschwerden gebrauchen.
Zu empfehlen ist, dass Sie eine Tasche für Ihre notwendigen Materialien mitführen. Hier gibt es seit einiger Zeit schicke Hybridmodelle, die wie normale Fahrradtaschen am Gepäckträger montiert werden können und bei Bedarf, nach dem Abstellen des Rades, demontiert werden und mit ein bis zwei Handgriffen ein praktischer und bequemer Rucksack ist.
So haben Sie Ihre notwendigen Inkontinenzhilfsmittel und Wechselkleidung immer dabei. Egal ob Sie bei einem Städtetrip ins Museum gehen oder aber eine Wanderung abseits der Fahrradwege machen, um die Natur anzusehen.
Fazit: Radfahren ist eine gute Therapie bei Harninkontinenz
Wenn Sie zu den Menschen gehören, die an Harninkontinenz leiden, ist Radfahren nicht nur möglich, sondern wird von Ärzten sogar empfohlen, weil es die Beckenbodenmuskeln stärkt. Es hat eine positiven Effekt. Der zeigt sich aber nur, wenn Sie regelmäßig und fortlaufend trainieren.
Eine Besserung wird sich nicht über Nacht einstellen. Am besten ist es, wenn Sie sich einer Selbsthilfegruppe anschließen. Dort erhalten Sie Rat und Tipps, wie Sie den Alltag mit Harninkontinenz meistern können und erfahren Mut und Zuspruch, wenn es mal Probleme gibt.
Sie können sich beispielsweise in Online-Foren mit anderen Betroffenen austauschen. In vielen Städten gibt es auch örtliche Gruppen, bei denen reale Treffen möglich sind.