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Das Thema “Inkontinenz” im Internet und in sozialen Medien

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Das stille Leiden … auch im World Wide Web

In den letz­ten Jah­ren ist die Zahl der Men­schen, die von einer Harn- oder Stuhlin­kon­ti­nenz betrof­fen sind, stän­dig gewach­sen. Das liegt einer­seits am demo­gra­fi­schen Wan­del, ande­rer­seits erfol­gen auf­grund bes­se­rer Dia­gnos­tik mehr Ein­grif­fe bei Bla­sen- oder Pro­sta­ta­krebs, die eine Harn­in­kon­ti­nenz zur Fol­ge haben. 

Eine gro­ße Zahl der Betrof­fe­nen lei­det schwei­gend und offen­bart sich weder ihren Ver­wand­ten noch einem Arzt. Schät­zungs­wei­se sind von 6 bis zu 8 Mil­lio­nen deut­sche Men­schen betroffen.

Im Inter­net fin­det man im Ver­gleich zu ande­ren Krank­hei­ten nur weni­ge Infor­ma­ti­ons­platt­for­men, Blogs und Rat­ge­ber von betrof­fe­nen Pati­en­ten. In den sozia­len Medi­en wie bei­spiels­wei­se Face­book, Insta­gram und Twit­ter ist das The­ma fak­tisch nicht existent. 

In die­sem Bei­trag möch­ten wir dem Phä­no­men auf den Grund gehen.

Welche Rolle spielt Inkontinenz in den Medien?

Bei der Ein­schät­zung der öffent­li­chen Wahr­neh­mung in Bezug auf Inkon­ti­nenz, hilft wie­der ein Ver­gleich mit Dia­be­tes mel­li­tus:

Zum The­ma Dia­be­tes gibt es unzäh­li­ge Publi­ka­tio­nen, TV-Rat­ge­ber und Berich­te in den Medi­en. Es ist nicht über­trie­ben zu behaup­ten, dass Dia­be­ti­ker mit Infor­ma­tio­nen gera­de­zu über­schüt­tet werden. 

Fast jede Apo­the­ke bie­tet eine Bera­tung bei Dia­be­tes an. Die Erkran­kung wird in zahl­rei­chen Fil­men und Seri­en the­ma­ti­siert, in denen einer oder meh­re­re Prot­ago­nis­ten an Dia­be­tes leiden. 

Bei dem The­ma “Inkon­ti­nenz” sieht die Sache dage­gen ganz anders aus. Bis heu­te ist das The­ma mit einem gesell­schaft­li­chen Tabu belegt. Anschei­nend ist es den Anbie­tern pein­lich, über die Pro­ble­me von Men­schen zu berich­ten, die Stuhl­gang oder Urin nicht kon­trol­lie­ren können.

Abge­se­hen von medi­zi­ni­schen Rat­ge­bern oder den einen oder ande­ren Arti­kel spielt Inkon­ti­nenz in den Medi­en kei­ne Rolle. 

Selbst die weni­gen Bei­trä­ge, die es gibt, wie­der­ho­len immer nur die­sel­ben Fak­ten. Ab und zu läuft im TV mal Rekla­me von Tena zum The­ma Harn­in­kon­ti­nenz. Dort wird die Schwe­re des Pro­blems her­un­ter­ge­spielt und Harn­in­kon­ti­nenz als ein klei­nes Pro­blem dar­ge­stellt, das nur Frau­en in rei­fe­ren Alter betrifft. 

Dass in Wirk­lich­keit auch Män­ner und Per­so­nen jeg­li­chen Alters (inklu­si­ve Kin­der, Bei­spiel Bett­näs­sen) betrof­fen sind, wird unter den Tep­pich gekehrt. Es gibt zwar Infor­ma­tio­nen über Harn­in­kon­ti­nenz, aller­dings müs­sen Betrof­fe­ne und Inter­es­sier­te gezielt danach suchen. So offen wie über Dia­be­tes wird über Harn­in­kon­ti­nenz nicht berichtet.

Die Darstellung in medizinischen Medien

Aus eige­ner Erfah­rung kann ich berich­ten, dass es auch in sol­chen Medi­en, von denen sich die Pati­en­ten kor­rek­te Infor­ma­tio­nen erhof­fen, nicht objek­tiv berich­tet wird. 

Inkon­ti­nenz wird als eine gering­fü­gi­ge Stö­rung beschrie­ben, die zum Bei­spiel nach einer Pro­sta­ta-OP, einem Schlag­an­fall, in der Schwan­ger­schaft oder bei Demenz auf­tritt und nach einer gewis­sen Zeit wie­der verschwindet. 

In die­sem Zusam­men­hang muss ich immer wie­der an die Aus­sa­gen in Pati­en­ten­bro­schü­ren den­ken, die behaup­ten, nach einer Pro­sta­tek­to­mie sei Harn­in­kon­ti­nenz nor­mal und wür­de bei mehr als 90 Pro­zent der Betrof­fe­nen inner­halb eines Jah­res wie­der verschwinden. 

Jetzt, 2 Jah­re nach mei­ner OP und 1,5 Jah­re nach der Bestrah­lung, war­te ich immer noch dar­auf, dass mei­ne Harn­in­kon­ti­nenz verschwindet.

Welche Punkte in den sozialen Medien zu kurz kommen

Sämt­li­che Berich­te neh­men nur Bezug auf die medi­zi­ni­schen Aspek­te der Inkon­ti­nenz, ihre Ursa­chen und Behand­lungs­me­tho­den. Auf die sozia­len Aspek­te, was es bedeu­tet, an Inkon­ti­nenz zu lei­den und wie man damit am bes­ten im All­tag zurecht­kommt, wird über­haupt nicht eingegangen. 

Aus eige­ner Erfah­rung möch­te ich ein paar typi­sche Bei­spie­le beisteuern:

  • Das The­ma Haut­pil­ze wur­de eben­falls unter den Tep­pich gekehrt. Ich habe von mir aus dar­auf bestan­den, von Pants zu Vor­la­gen und jetzt Ein­la­gen zu wech­seln und keim­tö­ten­de Sal­be zu bekommen. 
  • Durch Selbst­dia­gno­se stell­te ich fest, dass ich eine Phi­mo­se hat­te und die bes­te The­ra­pie dage­gen eine Beschnei­dung ist. Der Uro­lo­ge bestä­tig­te mei­ne Dia­gno­se und buch­te mich für den Ein­griff. Er wur­de sta­tio­när vor­ge­nom­men, weil ich allein lebe. Hät­te ich nicht gezielt nach den Infor­ma­tio­nen gesucht, wür­de ich wahr­schein­lich heu­te noch lei­den, mit Inkon­ti­nenz­pants her­um­lau­fen und mir stän­dig im Schritt kratzen.

Welche Folgen hat die Informationspolitik für die Betroffenen?

Die Tabui­sie­rung des The­mas Inkon­ti­nenz hat schwer­wie­gen­de Fol­gen. Es ver­ur­sacht eine Men­ge an Leid und Stress, die eigent­lich ver­meid­bar wären. 

Das beginnt schon damit, dass vie­le Men­schen, die an Inkon­ti­nenz lei­den, gar kei­ne Idee davon haben, dass sie irgend­wie krank sein könn­ten. Sie sehen es als nor­mal an, dass sie beim Trep­pen­stei­gen oder Lachen Urin ver­lie­ren und schie­ben es auf das Alter oder die Schwan­ger­schaft oder die Spät­fol­gen eines Schlaganfalls. 

In ihrer Not redu­zie­ren sie die Trink­men­ge, um so den Harn­ab­gang zu ver­rin­gern. Sie wis­sen nicht, dass sie damit eine Fehl­funk­ti­on der Nie­ren ris­kie­ren. Selbst wenn sie zu einem Arzt gehen, stellt der ihnen maxi­mal ein Dau­er­re­zept für Inkon­ti­nenz­ma­te­ri­al aus und drückt ihnen ein Merk­blatt über Becken­bo­den­trai­ning in die Hand. 

Mehr Unter­stüt­zung ist nicht zu erwar­ten. Wie ein Mensch mit Inkon­ti­nenz sei­nen All­tag meis­tert, wel­che Pro­ble­me mit Inkon­ti­nenz ver­bun­den sind und wel­che prak­ti­schen Tricks und Knif­fe es gibt, sagen die Ärz­te nicht.

Ein gemeinsamer Austausch über herstellerneutrale Ratgeberseiten ist wichtig!

Wer an Inkon­ti­nenz lei­det, soll­te sich so viel wie mög­lich selbst infor­mie­ren. Am bes­ten ist der Erfah­rungs­aus­tausch mit ande­ren, die in der­sel­ben Situa­ti­on sind. 

Das kann zum Bei­spiel bei einer Reha oder einer ört­li­chen Selbst­hil­fe­grup­pe sein. Emp­feh­lens­wert sind auch Online Selbst­hil­fe­grup­pen und Foren, in denen Betrof­fe­ne Erfah­run­gen austauschen. 

Dort kann man echt brauch­ba­re Tipps und Rat­schlä­ge bekom­men, die einem kein Arzt geben kann.

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