Peter S., Teil 4: Inkontinent nach Prostataoperation!
In diesem Artikel schildere ich Ihnen meine Erlebnisse nach der Prostataoperation. Dem Tod von der Schippe gesprungen stelle ich eine Woche nach meiner OP entsetzt fest: Ich bin inkontinent! Und: Ich laufe aus und kann nichts dagegen tun! Lesen Sie hier den vierten Teiles meines Krankheitsverlaufes.
Die ersten Tage zu Hause nach der Prostataoperation
Ich bereichtete bereits in meinen drei Beiträgen Diagnose: Prostatakrebs , Warten auf die Prostata-OP und Ablauf meiner Prostataperation meinen Werdegang meiner Krankheit. In diesem Blogeitrag berichte ich Ihnen, wie es mir in den ersten Tagen nach der erfolgreichen Prostatektomie erging.
Ich möchte mit meinem Krankheitsverlauf betroffenen Männern helfen und Mut machen. Wenn Sie Fragen haben oder ebenfalls eine Meinung loswerden möchten, hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.
«Nasse Entlassung« aus dem Krankenhaus!
Mein Aufenthalt im Krankenhaus sollte schneller zu Ende gehen als ich anfangs vermutete! Wie naiv ich gewesen war! Ich hatte doch tatsächlich insgeheim befürchtet, Weihnachten im Krankenhaus verbringen zu müssen. Da ahnte ich noch nicht, dass ich regelrecht vor die Tür gesetzt werden würde.
Schon am zweiten Tag nach der OP fing der Oberarzt bei der Visite an, von meiner baldigen Entlassung zu reden. Ich hielt es zunächst für einen Scherz, weil ich ja noch einen Blasenkatheter hatte. Schnell jedoch merkte ich, dass es durchaus ernst gemeint war.
Als ich meinte, wie das mit der Entlassung möglich wäre, weil ich noch einen Katheter hatte, meinte er, dann würde ich halt einen Beinbeutel bekommen. Am folgenden Mittwoch, dem 19.12.2018 war es dann soweit. Ich bekam meine “nasse Entlassung”. So werden Patienten genannt, die noch aus etlichen Öffnungen tropfen wie löchrige Eimer.
Auch meine Wunde nässte noch und der Schlauch aus meinem Katheter endete jetzt in einem Beutel, den ich diskret unter meiner Hose ans Bein schnallen konnte (daher auch der Name). Der Beutel hatte ein kurzes Abflussrohr mit einem Ventil, so dass ich seinen Inhalt bei Bedarf in der Toilette entsorgen konnte.
Für meine häusliche Versorgung gab mir das Krankenhaus “großzügig” 4 Inkontinenzeinlagen und 7 Fertigspritzen gegen Thrombose mit. Das ist eine direkte Folge der Sparpolitik im Gesundheitswesen. Anstatt die Patienten richtig auszukurieren, werden sie halb krank nach Hause geschickt und die weitere Behandlung den Hausärzten oder Fachärzten überlassen.
Bei der Begrüßung in der Reha Klinik erzählte uns der Chefarzt, dass Patienten nach einer Prostataoperation vor 20 Jahren im Schnitt noch 14 Tage im Krankenhaus geblieben seien. Seit den letzten Jahren verkürze sich die durchschnittliche Verweildauer der Patienten im Krankenhaus immer mehr.
Mein Aufenthalt dauerte 6 Tage, inklusive Aufnahme und Entlassung, die jeweils nur einen halben Tag in Anspruch nahmen. Bei der Entlassung teilte mir der Arzt mit, dass ich 2 Tage später, am Freitag, wiederkommen solle. Wenn alles in Ordnung wäre, würde dann der Katheter entfernt werden.
Wieder zu Hause…
Zuhause war zunächst alles so wie immer. Meine Frau war arbeiten oder irgendwo unterwegs und ich war auf mich allein gestellt. Das hatte ich schon geahnt und mich darauf vorbereitet, indem ich vor meiner OP die Vorräte aufgefüllt hatte.
Am Abend kam sie nach Hause und begrüßte mich so wie immer, als ob nichts gewesen wäre. Zum Glück hatte ich keine Schmerzen und konnte mich mit dem Urin-Beinbeutel frei bewegen. Der funktionierte übrigens erstaunlich gut und fing den Urin auch dann auf, wenn ich mit lang ausgestreckten Beinen im Bett lag.
Verdammt! Ich bin wirklich inkontinent!
Exakt eine Woche nach der OP kam der Tag, der alles veränderte. Ich wurde am 21.12.2018 zum “Auslaufmodell”. So nennt man ironisch »Patienten mit Inkontinenz«.
Der Katheter wurde am im Klinikum Nürnberg Nord entfernt. Die Prozedur war unangenehm, aber nicht schmerzhaft. Der Katheter wird durch einen kleinen, aufgeblasenen Gummiball von innen in der Harnröhre gehalten. Wird die Luft abgelassen, kann der Katheter entfernt werden. Sofort begann ich auszulaufen.
Das Krankenhaus gab mir noch 2 Inkontinenzeinlagen mit, die jedoch kaum bis nach Hause reichten. Anschließend erhielt ich noch eine halbstündige Kurzeinweisung in das Beckenbodentraining und damit war die Klinik mit mir fertig.
Daheim stellte sich die Inkontinenz schnell als größtes Problem heraus!
Meine Frau zeigte kein Verständnis und ekelte sich vor mir. Für mich war es extrem frustrierend, besonders in der Nacht. Spätestens alle 2 Stunden wachte ich auf, weil meine Blase voll war. Wenn ich dann aufstand um aufs Klo zu gehen, entleerte sie sich durch den Druck und alles lief in die Vorlage.
War diese voll, tropfte der Urin an meinen Beinen hinunter und bildete Pfützen auf dem Fußboden. Beinahe überall in der kleinen Wohnung, außer in der Küche, roch es nach Urin. Tagsüber war es ähnlich schlimm. Wenn ich mich bewegte, lief fast bei jedem Schritt Urin in die Vorlage.
Saß ich still, hielt ich zwar dicht, dafür entleerte sich meine Blase aber beim Aufstehen. An manchen Tagen musste ich die Unterwäsche viermal wechseln. Auch finanziell machte sich meine Inkontinenz bemerkbar. Ich kaufte immer eine Packung Einweg-Slips im nahe gelegenen DM Drogeriemarkt. Eine Packung enthält 12 Stück, kostet 7,95 Euro und reicht mir für maximal 2 Tage.
Ein trauriger Jahreswechsel
Alles in allem war es ein Desaster und eines der traurigsten Jahreswechsel, die ich je erlebte. Sowohl Weihnachten als auch Silvester verbrachte ich allein, da meine Frau es vorzog, mit Freunden zu feiern. Meine Freundin hatte sich eine schwere Grippe geholt und musste das Bett hüten. Trost und Zuspruch bekam ich nur telefonisch von meiner Schwester und meinem besten Freund, den ich noch aus Kindertagen kenne.
In Gesprächen mit anderen Patienten in der Reha Klinik erfuhr ich dann später, dass für viele Inkontinenz das größte Problem ist. Zwar können gute Vorlagen viel Flüssigkeit aufsaugen und auch halten, trotzdem fühlt man sich immer irgendwie unsauber, zumal der Urin auch riecht.
Viele meiner Mitpatienten gehen deswegen kaum raus und zeigen sich nur ungern in der Öffentlichkeit. Die ständige feuchte Wärme begünstigt auch Infektionen aller Art. Zum Glück blieb ich davon verschont, weil ich dem Rat meiner Freundin folgte und meinen Unterkörper bei jedem Wechsel der Vorlage mit lauwarmen Wasser wusch.
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