Peter S., Teil 15: Reha nach Bestrahlung
Über ein halbes Jahr dauert meine Therapie seit meiner Prostata-OP bereits. Ich musste nach der Entfernung der Vorsteherdrüse auch eine Bestrahlung über mich ergehen lassen. In diesem Kolumnenbeitrag beschreibe ich Ihnen den Werdegang meiner Genesung.
Meine zweite Rehabilitationsmaßnahme
Die Strahlentherapie ist eine von der Medizin anerkannte Therapie bei Prostatakrebs. Sie wird einer Operation gleichgestellt. Da in meinem speziellen Fall die Krebszellen durch die radikale Prostatektomie nicht vollständig entfernt werden konnten, musste ich mich im Anschluss an die OP noch einer Bestrahlung unterziehen?
Warum wieder auf Reha?
Diese Frage habe ich mir anfangs selbst gestellt. Ehrlich gesagt, hatte ich die negativen Effekte der Bestrahlung unterschätzt. Vor Beginn und sogar noch während der ersten Hälfte der Strahlentherapie kam es mir gar nicht in den Sinn, eine Reha zu beantragen.
Je länger die Behandlung dauerte, umso schlimmer wurden die Beschwerden. Als besonders übel erwies sich eine Blasenentzündung, die sich als Folge der Bestrahlung einstellte. Tagsüber musste ich alle 10 Minuten urinieren und selbst nachts hielt ich es nur 1 Stunde durch.
Am Ende war ich so geschafft, dass ich mich entschloss, erneut eine Reha zu beantragen. Sogar der behandelnde Arzt in der Strahlenklinik war skeptisch, ob eine 2. Reha innerhalb so kurzer Zeit (die erste lag ganze 4 Monate zurück) von der Rentenversicherung genehmigt werden würde. Zu meiner Freude wurde mein Antrag genehmigt.
Zum zweiten Mal in der Sinntalklinik
In meinem Antrag hatte ich ausdrücklich geschrieben, dass ich meine Rehabilitationsmaßnahme wieder in der Sinntalklinik der Deutschen Rentenversicherung in Bad Brückenau (Bayern) durchführen wolle. Diese Klinik gefiel mir beim ersten Mal sehr gut – nicht nur, weil die Therapien gut anschlugen, sondern auch wegen der freundlichen, offenen Atmosphäre.
Der Chefarzt, Prof. Dirk Engehausen, ist einer der freundlichsten Chefs, die ich kenne und das färbt auch auf seine Mitarbeiter ab. Der tägliche Ablauf in der Klinik verläuft ohne Druck oder Zwang, weil das Personal darauf setzt, dass die Patienten eine Reha durchlaufen, weil sie daran interessiert sind, ihren Gesundheitszustand zu verbessern und deswegen bei den Therapien aktiv mitarbeiten.
Nicht alles wie gehabt
Als ich das erste Mal eine Reha antrat, war ich nervös, weil ich nicht wusste, was mich erwartete. Beim zweiten Mal dagegen freute ich mich schon darauf, wieder einen festen Tagesablauf zu bekommen und für 3 Wochen weder einkaufen, noch putzen zu müssen.
Mit dem alltäglichen Ablauf in der Sinntalklinik war ich ja immer noch vertraut und sah der Reha daher gelassen entgegen. Bei der Ankunft freute ich mich, dass mich sogar einige der Therapeuten wiedererkannten, trotz des hohen Durchlaufs an Patienten.
Mit den Örtlichkeiten und dem Ablauf war ich noch gut vertraut, sodass ich neuen Patienten hilfreich zur Seite stehen konnte. Einige Therapien waren jedoch auch für mich neu. Besonders gefiel mir die Medy Jet Wasserbettmassage. Dabei liegt man auf einem Wasserbett und wird von unten durch 2 computergesteuerte Düsen mit warmen Wasser massiert. Ein Hochgenuss, der leider pro Sitzung nur 20 Minuten dauerte.
Sehr angenehm war auch das medizinische Bad. In einer Wanne gefüllt mit warmen Wasser, Schaum und einem Kräuteraufguss durfte ich mich 20 Minuten ausstrecken (die Wanne ist bestimmt 2 m lang) und entspannen.
Die gesamte Atmosphäre in der Rehaklinik ist angenehm. Man kommt schnell mit anderen Patienten ins Gespräch, weil alle ja wegen ähnlicher Leiden und Probleme dort weilen. Da ist zum Beispiel Inkontinenz kein Tabuthema wie in der Öffentlichkeit.
Wie geht es weiter?
Trotz zweier Reha-Behandlungen weiß ich noch nicht, wie es mit mir weiter geht. Werde ich noch einmal arbeiten können oder wird mich die Krankenkasse auffordern, einen Rentenantrag zu stellen? Das wird die Zukunft zeigen.
Aus meiner Prostatakrebs- Erkrankung habe ich jedoch einiges gelernt und Erfahrungen gemacht, die mir im späteren Leben nützlich sein werden. Relativ schnell habe ich gemerkt, dass die Ärzte ihren Patienten nicht alles erzählen und beispielsweise die negativen Folgen einer Prostata OP entweder verschweigen oder verharmlosen.
Anfangs hatte ich ernsthaft geglaubt, dass meine Harn-Inkontinenz nach spätestens 3 Monaten überstanden wäre. Heute ist sie schon mehr als 7 Monate her, ich brauche aber immer noch Inkontinenzvorlagen und Pants. Zwar nicht mehr so viel wie zuvor, aber ganz ohne geht es immer noch nicht.
Außerdem hat sich bei mir als Spätfolge der Operation eine Phimose entwickelt, die mir das Leben zunehmend schwer macht. Deswegen habe ich mich zu einer Beschneidung (Zirkumzision) entschieden. Von den Ärzten fühle ich mich allein gelassen. Meine Phimose ist das beste Beispiel. Die Diagnose habe ich selbst gestellt und sie von meinem Arzt nur noch bestätigen lassen und die Beschneidung als Therapie wurde auch von mir vorgeschlagen.
Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich allen Betroffenen nur raten, nicht nur auf das zu hören, was der Arzt erzählt, sondern sich auch in einer Selbsthilfegruppe oder in der Fachliteratur zu informieren.