Peter S., Teil 22: Wie die Harninkontinenz mein Leben beeinflusst hat
Mein Resümee: 2 Jahre nach der Prostata-Operation
Seit vor 2 Jahren meine Prostata wegen einer Krebsdiagnose entfernt werden musste, leide ich an Harninkontinenz.
Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass die Inkontinenz einen nachhaltigeren Einfluss auf mein berufliches und privates Leben hat, als der Krebs.
In diesem Beitrag möchte ich betroffenen Leidensgenossen einen Rückblick meines Krankheitsverlaufes schildern. Gerne können Sie mir Ihre Fragen und Kommentare unter meinen Beitrag mitteilen, die ich beantworten werde.
Die erste Zeit: Verharmlosung der Harninkontinenz
Als ich wusste, dass mir eine Prostatektomie bevor stand, war mir nicht bewusst, wie sehr diese mein Leben verändern würde. Harninkontinenz spielte bei meinen Gedanken keine Rolle. Warum auch? Damals wusste ich noch nicht, dass es so etwas überhaupt gibt. Die Ärzte verharmlosten das Problem. Sie stellten es als eine Nebenerscheinung dar, die spätestens innerhalb eines Jahres nach dem Eingriff verschwinden würde.
Heute weiß ich, dass das nicht stimmt. Weder mein Urologe noch die Ärzte im Krankenhaus bereiteten mich in irgendeiner Weise auf das Thema Harninkontinenz vor. Bei der Entlassung aus dem Krankenhaus gab man mir lediglich 4 (!) Vorlagen mit.
Als der Blasenkatheter gezogen wurde, erhielt ich eine zehnminütigen Vortrag über Beckenbodentraining, das war alles. Erst bei der Reha, zu der ich anschließend ging, erfuhr ich von anderen Patienten, dass in meinem Fall die Krankenkasse den größten Teil der Kosten übernimmt. In den ersten Wochen nach der Operation hatte ich mir die Inkontinenzpants selbst gekauft.
Die Reha
Die Zeit in der Rehabilitationsklinik in Bad Brückenau hat mir wirklich gutgetan. Dort habe ich viel gelernt und meine Gesundheit hat sich verbessert. Vor allem tat es gut, sich mit Leuten zu unterhalten, denen es genauso ging wie mir.
Durch das regelmäßige Beckenbodentraining zeigten sich erste Erfolge und brauchte weniger Pants. Ich kann jedem nur empfehlen, wenn die Möglichkeit besteht, eine Reha in Anspruch zu nehmen. Dort gibt es nicht nur Beckenbodentraining, leichten Sport, Pilates und anderes, sondern auch interessante Vorträge.
Die Mitarbeiter der Reha-Klinik haben beispielsweise den Schwerbehindertenausweis für mich beantragt. Ich musste nur noch das Formular unterschreiben.
Die Bestrahlung
Im Sommer nach meiner OP musste ich eine Strahlentherapie mitmachen, weil bei der Operation nicht alles Krebszellen entfernt werden konnten. Am Anfang dachte ich, es wäre ein Spaziergang. Nach und nach stellten sich aber die Nebeneffekte der täglichen Strahlendosis ein.
Ich musste ständig urinieren und meine Harnröhre brannte dabei wie Feuer. Es fühlte sich ähnlich wie eine Blasenentzündung an. Das größte Problem war, dass bei der Bestrahlung meine Blase voll sein musste, um Schäden zu vermeiden. Das ging bei mir nur mit einer Penisklemme.
Bis heute habe ich es noch in Erinnerung, wie ich dort saß und wartete, mit einer Blase, die fast zu platzen drohte. Mehr als einmal hatte ich es nicht geschafft und mich eingenässt. Dann hieß es warten, bis die Blase wieder voll wurde.
Die Beschneidung
Einen Aspekt, den niemand erwähnt hatte, spürte ich am eigenen Leibe. Meine Vorhaut verengte sich so stark, dass ich sie nicht mehr zurück schieben konnte.
Gleichzeitig fing meine Eichel an, immer mehr zu jucken. Durch die ständig warmen und feuchten Bedingungen in den Inkontinenzpants hatte ich Hautpilz bekommen. Wegen der Phimose (Vorhautverengung) konnte ich mich auch nicht mehr richtig reinigen.
Nach einigen Recherchen im Internet sprach ich meinen Urologen darauf an und schlug eine Beschneidung vor. Aus heutiger Sicht muss ich sagen, dass es eine gute Entscheidung war. Jetzt ist es mir möglich, mich wieder ordentlich zu waschen.
Hautpilz
Das ist meiner Ansicht nach ein Problem in Verbindung mit Harninkontinenz, dass oft unterschätzt wird. Das Leiden hat wirklich das Potenzial, einem das Leben zur Hölle zu machen.
Hautpilze verursachen einen fast unerträglichen Juckreiz. Oft höre ich, sie seien ein Zeichen mangelnder Hygiene. Aber wie soll man sich sauber halten, wenn man alle paar Minuten Urin verliert, der von den Inkontinenzpants absorbiert wird?
Die Dinger sind eine wahre Brutstätte für Keime, zumal sie kaum Luft an den Intimbereich lassen. Es wurde erst besser, als ich zunächst zu Vorlagen und jetzt zu Einlagen wechselte. Da bekomme ich auch unten genug frische Luft. Zudem ist es mir wegen der Beschneidung möglich, mich richtig zu waschen.
Durch das tägliche Auftragen von Salbe, die das Absterben der Hautpilze bewirkte, geht es mir jetzt wieder besser. Es war aber ein langer Kampf, der mehrere Monate dauerte.
Wie sieht es momentan mit meiner Harninkontinenz aus?
Entgegen den ärztlichen „Prognosen“ leide ich immer noch an Harninkontinenz. Das Problem ist aber beherrschbar geworden. Ich benötige pro Tag 2 – 3 Einlagen. Das sind im Grunde genommen etwas dickere Slipeinlagen mit einer klebrigen Außenseite, die in den Slip eingeklebt werden.
Normalerweise komme ich damit gut zurecht. Nur manchmal passiert es, dass die Einlage beim Gehen verrutscht. Dann ist es unterwegs schwierig, sie zurecht zu schieben, zumal es nur wenige öffentliche Toiletten gibt. In der Nacht macht mir meine Inkontinenz keine Probleme. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt, dass ich spätestens alle 2 Stunden auf Toilette gehen muss.
Echt unangenehm ist es jedoch nach dem Mittagessen. Üblicherweise lege ich mich dann immer ein wenig hin. Ich komme aber nicht zur Ruhe. Praktisch alle 5 Minuten muss ich urinieren. Das geht so mindestens eine Stunde lang. Warum das so ist, konnte mir auch der Urologe nicht sagen.
Deshalb will er bei mir kurz vor Weihnachten eine Blasenspiegelung durchführen und sich meinen Schließmuskel genauer ansehen.